Morgens kam ich am Fluss mit einem Baba ins Gespräch über Indien und Varanasi und warum ich es liebe. Da sagte er zu mir: „Du kannst Gott in Indien erfahren. Hier in Varanasi gibt es viele Gott nahe Menschen. Wenn Du Gott
liebst und Gott nah bist, wirst Du diese Stadt lieben.“
Es ist interessant, wir Christen reden und predigen von dem EINEN GOTT, doch in unserer Welt habe ich immer wieder erfahren, dass Menschen sich auseinandersetzten und streiten über Gottesvorstellungen,
Dogmen und Bibelauslegungen… Es gibt Trennung und Spaltung unter Christen. Und die Abgrenzung gegenüber anderen Religionen scheint sehr wichtig zu sein.
Hier in Indien wird GOTT in unterschiedlichen Namen und Formen angebetet, aber letztlich
sind sich alle einig, dass es hinter all den Formen und Gestalten nur einen GOTT gibt. In den 14mal, die ich auf meinem Pilgerweg hier unterwegs war, habe ich es nie erlebt, dass jemand mit mir über meine Gottesvorstellung oder Religion
diskutiert hätte. Ich bin vielen Menschen begegnet, mit vielen habe ich mich über Spiritualität ausgetauscht, dabei ging es immer um die persönliche Erfahrung und Begegnung mit Gott. Die Zugehörigkeit zu einer Religion hat dabei für
meine Gesprächspartner nie eine Rolle gespielt. Obwohl immer klar war, dass ich einer anderen Religion angehöre, hat nie jemand versucht mich von etwas zu überzeugen. Immer habe ich erlebt, dass meine Erfahrungen respektiert wurden und ich sogar
bestärkt wurde, meinen Weg weiterzugehen. Es ist interessant, aber in Indien habe ich erfahren, was es heißt an EINEN GOTT zu glauben - jenseits aller Religionen.
In der Vedanta-Philosophie wird das in folgendem Bild beschrieben, das
mir sehr gut gefällt:
„Wie die vielen Flüsse, die ihren Quellen in verschiedenen Gebirgen haben und gewunden oder gerade dahinfließen, schließlich in den Ozean münden, so kommen die verschiedenen Bekenntnisse und
Religionen, die mit unterschiedlichen Standpunkten beginnen und krumme oder gerade Wege einschlagen, schließlich alle zu Dir.“
Ich habe mich in den letzten Jahren für den interreligiösen Dialog eingesetzt habe. Heute
wurde mir klar, dass das Anliegen des Dialog aus der Dualität kommt, aus der Perspektive der Unterscheidung. Auf meinem spirituellen Weg durch Indien hatte ich nie den Eindruck, dass es diese Trennung gibt, es gibt letztendlich nur das EINE…
Wenn jemand nicht an Gott glaubt, wird dies übrigens auch respektiert. Es ist die persönliche Freiheit eines jeden. Und dies ändert dann nichts an der Tatsache, dass es Gott gibt.
In der indischen Philosophie geht man davon aus, dass
Gott allein wahr ist, all die materielle Welt, die uns umgibt, in der wir leben und mit der wir uns die meiste Zeit beschäftigen ist Maya – unreal und endlich. Deshalb strebt der Hindu nach einem gottnahen Leben. Dies ist allerdings nicht an eine
Institution gebunden, sondern wird praktisch gelebt. Und das kann man hier live erleben. Der Glaube an Gott und die Hingabe ist hier sehr lebendig und ist überall im Alltag sichtbar und gegenwärtig.
In unserer christlichen Welt habe ich den
Eindruck, dass wir zuviel Energie dafür verwenden, uns darüber zu streiten, welche Gottesvorstellung... die Richtige ist. Ich vermisse, dass das Glaube und Liebe spürbar sind. Es gibt viel Theologie... Aber wenn wir Gott nicht begegnen können,
im Anderen, in der Schöpfung....dann ist der Glaube nicht lebendig. Es reicht auch nicht, wenn wir am Sonntag in die Kirche gehen oder nicht. Der Glaube muss sich im gesamten Leben ausdrücken, spürbar sein und Frucht bringen. Und es braucht
Orte, wo wir lernen können unseren Glauben zu vertiefen, Orte wo wir mit anderen unsere Erfahrungen im Glauben austauschen können, wo wir ihn in Gemeinschaft mit anderen feiern können.
Ihr seid das LICHT
der Welt..., wenn das Salz seinen Geschmack verloren hat, wird es weggeworfen....